Politik

Caricatura Galerie - Je suis Charlie

Diskussionsforum zum Attentat in Paris


Podium der Veranstaltung in der Caricatura (Quelle: heldmann.photography)
Plakat der aktuellen Ausstellung
(Quelle: Caricatura Galerie)
GDN - Das Terrorattentat auf das französische Satiremagazin “Charlie Hebdo“ bewegt die Welt. Auch die Caricatura Galerie für Komische Kunst in Kassel sieht sich solidarisch mit den Kollegen in Paris und den Angehörigen. In einem Diskussionsforum wurde dem Ausdruck verliehen.
Je suis Charlie - Sonntag, Glück, Frenz, Schwarze
Quelle: heldmann.photography
“Das Attentat auf die Redaktion des Satiremagazins “Charlie Hebdo“ in Paris erschüttert nicht nur die satirische Szene, sondern gefährdet auch die wichtigen demokratischen Grundwerte der Presse- und Meinungsfreiheit in höchstem Maße. Es ist noch nicht abzusehen, inwieweit eine nun einsetzende Eigendynamik unsere Gesellschaft womöglich grundlegend verändern könnte.“ So heißt es in dem Aufruf zu dem Diskussionsforum am Freitag in Kassel. Überschattet wurde die Veranstaltung zu dem am gleichen Tag stattgefundenen Überfall auf einen Lebensmittelmarkt in Paris mit Geiselnahme. Noch während der Veranstaltung wird bekannt, dass dieser zweite Terrorangriff tragisch endetet und vier Todesopfer gefordert hat.
Gerhard Glück
Quelle: heldmann.photography
Vor diesem Hintergrund versuchten die Diskutanten auf dem Podium und im übervollen Saal der Galerie Antworten auf Fragen zu finden wie: Wird Satire überhaupt noch möglich sein? Wird der Journalismus in Zukunft unter dem Diktat der Angst betrieben? Erhalten nationalkonservative Kreise, wie “Pegida“, weiteren Zulauf? Verstärkt sich der Aufschwung des Neofaschismus? Der Cartoonist Gerhard Glück, der Publizist Dirk Schwarze, der Leiter des caricatura museums frankfurt, Achim Frenz, und der Leiter der Caricatura Galerie Kassel, Martin Sonntag, gaben dazu ihre Einschätzung der Situation ab.
Martin Sonntag schilderte, Tabus seien nach seiner Erfahrung “Männer, Frauen, Häuser, Kinder, Autos - zu jedem Thema kommt jemand und regt sich auf.“ Würde die Galerie auf jede dieser Befindlichkeiten Rücksicht nehmen, “hängt nichts mehr an diesen Wänden“. Für ihn gebe es ausschließlich künstlerische Kriterien, eine Karikatur müsse etwas aussagen. “Wem das nicht gefällt, der muss es eben ignorieren.“ Wenn eine Zeichnung, ein Bild dagegen lediglich provozieren wolle, werde es in der Caricatura nicht gezeigt. Achim Frenzel meinte, “es kann ja nicht sein, dass wir uns von drei Arschlöchern, die etwas weich in der Birne sind, sagen lassen, was wir dürfen.“
Gerhard Glück, der mit Werken an der aktuellen Ausstellung “Beste Bilder - Die Cartoons des Jahres 2014“ beteiligt ist, sieht sich als Cartoonist nicht ganz so im Fokus wie seine Kollegen aus der Abteilung Satire. Trotzdem sei er nicht nur betroffen und solidarisch, sondern überlege auch, wie er dies mit seinen Mitteln zum Ausdruck bringen könne. Der Kasseler Publizist Dirk Schwarze zog den Rahmen der Diskussion noch einmal etwas weiter und betonte, “dies ist auch ein Angriff auf die Substanz der Gesellschaft, auf die Presse- und Meinungsfreiheit.“
Martin Sonntag, Caricatura Galerie
Quelle: heldmann.photography
Dirk Schwarze, Publizist
Quelle: heldmann.photography
Achim Frenz, caricatura museum und Titanic
Quelle: heldmann.photography
Engagiert: Theateritendant Bockelmann
Quelle: heldmann.photography
In der anschließenden intensiven Diskussion mit den Teilnehmern der Veranstaltung spielte gerade auch dieser letzte Aspekt eine zentrale Rolle. Die meisten Diskutanten waren sich mit den Teilnehmern des Podiums einig, dass ein engerer Zusammenschluss der Zivilgesellschaft und nicht eine Ausgrenzung etwa der Mitbürger muslimischen Glaubens die notwendige Antwort auf die Angriffe sind. Eine Instrumentalisierung des Terrors durch Gruppen, die in solchen Ausgrenzung das Wort reden, wie “Pegida“ oder Teilen der AfD, wurde verurteilt. In diesem Kontext bedauerte Martin Sonntag, dass es in Kassel, anders als in vielen anderen Städten, bisher keine Initiative gebe, Solidarität und Mitgefühl, aber auch den gesellschaftlichen Zusammenschluss gemeinsam öffentlich auszudrücken. Etwas Aufregung entstand, als eine Teilnehmerin aus dem Publikum die Arbeit von “Charlie Hebdo“ als “bösartig“ titulierte und damit suggerierte, so der Eindruck einiger anderer Diskutanten, die Opfer trügen eine Mitverantwortung für die Tat. Insbesondere der Intendant des Kasseler Staatstheaters Thomas Bockelmann trat dem engagiert und entschieden entgegen.
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