Politik

Digitalisierung und Nachhaltigkeit im öffentlichen Sektor

Kongress “Moderner Staat“


Eröffnung "Moderner Staat" 2013 (Quelle: heldmann-images)
Kongress im Estrel Convention Center
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GDN - Zwei Tage lang debattieren Entscheider und Führungskräfte in Berlin über die Zukunftstrends bei Bund, Ländern und Kommunen. Auf dem Kongress “Moderner Staat“, der noch bis Mittwoch stattfindet, stehen Nachhaltigkeit und weitere Digitalisierung des öffentlichen Sektors im Fokus der rund 2000 Besucher
Franz-Reinhard Habbel, DstGB
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“Was gespeichert werden kann, wird auch gespeichert.“ Mit dieser These weckte der Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Franz-Reinhard Habbel, Assoziationen zur Speicherwut von NSA und Co. Doch ihm ging es gerade nicht um die anonyme Speicherung von massenhaft erfassten Daten, obwohl “Big Data“ auch eines der Themen der zahlreichen Vorträge in den Foren des Kongresses mit angeschlossener Fachmesse ist. Habbel problematisierte vielmehr die Transformation der analogen Gesellschaft zur digitalen. Ein Prozess, so Habbel, “für den Vertrauen die Voraussetzung“ sei. Und Vertrauen, so hätten Untersuchungen gezeigt, hätten in den USA und in Deutschland unter den politischen Entscheidungsträgern vor allem Bürgermeister und Oberbürgermeister. Auf kommunaler Ebene würden Entscheidungen schneller und vor allem partizipativer getroffen als bei Bund und Ländern.
Prof. Dr. Eckhard Schröter, Zeppelin Universität
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Den Aspekt der Bürger als Koproduzenten von Leistungen des öffentlichen Sektors griff auch Prof. Dr. Eckhard Schröter von der Zeppelin Universität in Friedrichshafen auf. Nachhaltigkeit bedeute für Staat und Kommunen einen “Vier-Klang aus Ökologie, Ökonomie, sozialen Zusammenhängen und Partizipationsbestreben“, meinte der Verwaltungswissenschaftler. Dafür sei der öffentliche Bereich prädestiniert, wenn es gelinge, das, so Dr. Schröter, “bewährte und stabilisierende“ bürokratische Steuerungsmodell und die im Zuge der Verwaltungsmodernisierung in den letzten dreißig Jahren zunehmend etablierten Aspekte unternehmerischer Steuerung zu verbinden mit “dem modernsten Steuerungsansatz“, den zivilgesellschaftlichen Verfahren. Die könne jedoch nur bei “einem bedarfsgerechten und flexiblen Mix aller drei Modelle“ gelingen, betonte Dr. Schröter. “Das setzt Reflexions- und Anpassungsfähigkeit voraus“ - Eigenschaften, die üblicherweise nicht zuerst im Kontext mit der öffentlichen Verwaltung genannt werden. Wer jedoch aufmerksam den Vorträgen und Diskussionen folgte, konnte feststellen, dass die Vorurteile über den behäbigen und unflexiblen öffentlichen Sektor längst nicht mehr der Realität entsprechen.
BITKOM Pressekonferenz
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Dies bestätigten auch Erhebungen, die der Branchenverband BITKOM anlässlich des Kongresses in Berlin veröffentlichte. Mit Ausgaben in Höhe von mehr als 20 Milliarden Euro für Informations- und Kommunikationstechnik und IT-Dienstleistungen sind Bund, Länder und Kommunen ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor auf diesem Feld. Von den Gesamtinvestitionen in Deutschland in diesem Jahr machten das rund 20% aus. Um im Sinne der Schonung von Ressourcen als auch einer hohen Effizienz diese Verfahren noch zu optimieren, sollen zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur elektronischen Vergabe die vielfältigen Verfahren der verschiedenen Akteure unter Federführung des Beschaffungsamtes des Bundesinnenministerium standardisiert werden. Bei einem Gesamtausgabenvolumen von 250 Milliarden Euro/Jahr für IT-Investitionen und -Leistungen würde eine einprozentige Kostenreduzierung durch Prozessoptimierung eine Summe von 250 Millionen Euro erbringen, die dann für andere dringend erforderliche Leistungen zur Verfügung stünde.
Dr. Pablo Mentzinis, BITKOM
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Der für den öffentlichen Sektor verantwortliche Bezirksleiter von BITKOM, Dr. Pablo Mentzinis, hatte zuvor den Versuch unternommen, den vorliegenden Koalitionsvertrag zu bewerten. “So viel E-Government, wie in diesem Koalitionsvertrag gab es noch nie“, lautete sein Resümee. Die Priorisierung geplanter Verfahrensinnovationen und die Absicht, das bisher nur auf den Telefonverkehr ausgerichtete Verfahren D 115, also eine einheitliche Rufnummer für alle öffentlichen Dienstleistungsbereiche, nun auch internetfähig und damit sprechzeitenunabhängig zu machen, nannte er als zwei Beispiele. Kritische sieht der Vertreter der IT-Branche den Umgang mit dem digitalen Personalausweis. Nur drei von insgesamt 22 Millionen inzwischen ausgegebenen Ausweisen hätten die ID-Funktion freigeschaltet. Der wesentliche Grund dafür sei eine fehlende Strategie für umfassende Dienstleistungsangebote, um den Ausweis als die Karte der Bürger zu etablieren. Auch fehle es noch an Konzepten, wie die Zugänge zu Dienstleistungen mit dem Ausweis als ID-Nachweis über Tablets und Smartphones gewährleistet werden könne.
Messe "Moderner Staat"
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Gerade in Zeiten nach wie knapper öffentlicher Finanzen einerseits und einer Durchdringung aller gesellschaftlichen Bereiche durch Internet und Social Media sind die Herausforderungen für eine Entwicklung des öffentlichen Sektors in Deutschland enorm. Kongress und Messe “Moderner Staat“ sind auch in ihrem siebzehnten Jahr ein dafür ein wichtiges Trendbarometer.
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